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Max-Clemens-Kanal heute

Der Max-Clemens-Kanal

Als ganz Westfalen sich im Herbst 1973 des 200. Todestages von Johann Conrad Schlaun erinnerte, gab es nicht nur die große Ausstellung im heutigen LWL-Museum für Kunst und Kultur, nicht nur Tagungen, Vorträge und Veröffentlichungen. In der Stadthausgalerie organisierten fachkundige Offiziere der Bundeswehr und Landes- wie Militär-Historiker ergänzend eine kleine Ausstellung. Sie stellten sich der Aufgabe, Schlauns Aktivitäten, Projekte und Erfolge als Soldat und Oberland-Ingenieur ins Gedächtnis zu rufen. Diese Arbeitsfelder waren angesichts des imponierenden künstlerischen Lebenswerks des Barock-Architekten vielfach übersehen und nahezu vergessen.

Das größte Projekt im Oberstift Münster, mit dem sich Schlaun als Ingenieur über Jahrzehnte  beschäftigte, ist heute eine in der Landschaft verborgene, meist schnurgerade Rinne von Gräben, Tümpeln und Kleingewässern, vielfach von Gehölzen überwuchert: der Max-Clemens-Kanal. Mit diesem Wasserbau-Projekt wollte der junge Landesherr Clemens August von Wittelsbach einen Anschluss Münsters an die Niederlande erreichen: ein Unternehmen, das groß begonnen wurde, am Ende aber einschlief und letztlich scheiterte.

Großes Bild: Der Max-Clemens-Kanal heute. © Andreas Lechtape | www.andreaslechtape.de

Von Münster zum Meer

Der Plan des friesischen Ingenieurs Meetsma sah vor, einen Kanal zur Steinfurter Aa zu bauen, um über dieses Gewässer und die Vechte, die bei Zwolle in die IJssel fließt, die Nordsee bei Kampen zu erreichen. Damit hätte man eine Verbindung von Münster zum Meer erreicht. Man erhoffte, auf diese Weise Waren aus dem süddeutschen Raum mit Ziel Amsterdam sicherer expedieren zu können als über Emden, wo sich die gefährlichere Fahrt über den Dollart anschließen musste. Dennoch gab es Widerstände sowohl an der unteren Ems als auch in den Niederlanden. Aber der junge Fürstbischof von Münster wollte unbedingt den Kanal bauen. Vermessen wurde er 1723 schon unter der Mitwirkung Schlauns von Lambert Friedrich Corfey und Gottfried Laurenz Pictorius, die im Herbst dieses Jahres die geplante Trasse gemeinsam absteckten.

Ein umstrittenes Bauprojekt

Am 9. Mai 1724 tat der Fürstbischof nahe Kinderhaus feierlich den ersten Spatenstich für das neue Werk, an dem zeitweise etwa 1.500 Arbeitskräfte mit Hand und Spann gewirkt haben sollen: Soldaten als Dienstpflichtige und Bauern als Tagelöhner. Eine Gedenkmedaille wurde diesem Ereignis gewidmet. Bis 1729 wurde der Kanal vom Stadthafen Münster am Neubrückentor über 30 km bis Clemenshafen verwirklicht, jedoch gab es immer wieder Probleme mit der geringen Wasserführung über die Münstersche Aa und der Sicherheit der Dämme. War zunächst nur eine, die später sogenannte „Steinerne Schleuse“ (beim Kanal-Kilometer 15) geplant und 1728 vollendet, so legte man 1741 nur 8,6 km vom Ausgangspunkt eine kleinere „Hölzerne Schleuse“ an, mit der die Wasserführung verbessert wurde. Zwar wurde die kleine Wasserstraße 1771 noch einmal um sechs Kilometer verlängert. Sie endete jetzt im nach dem neuen Landesherren Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels benannten Maxhafen zwischen Wettringen und Neuenkirchen, aber sinnvolle Weiterbauten, sei es zur Vechte, sei es zur Ems, unterblieben.

Von Pferden getreidelte Treckschuten, zeitweise auch ein „Postschiff“  transportierten nun über etwa 110 Jahre Waren und Personen auf dem zehn bis zwölf Meter breiten und bis zu drei Meter tiefen Kanal: Öl, Salz, Leinsaat, Heringe, Getreide und alle möglichen Lebensmittel wurden so nach Münster verbracht. Von Anfang an aber standen die Einfuhren über den Hafen Münster in einem schlechten Verhältnis zur Ausfuhr: Die Importe waren über Jahrzehnte zehnmal umfangreicher als die Exporte.

Das gesamte Kanalprojekt stand in der Bauphase unter ständigen Spannungen und Streitereien zwischen dem Ingenieur Meetsma und den münsterischen Verantwortlichen. Als es 1729 im Spätherbst zu schweren Überschwemmungen kam und massive Schäden am Kanal entstanden, lehnte Corfey im grimmigen Ton eine Mitwirkung ab: „ (…) daß es seine Affaire und Metier nicht were. Man mögte dazu denienigen gebrauchen, der da für da were und gagirt seye, nemblich den Ober-Ingenieuren und Obristlieutenanten Schluen.“

Der Kanal stand tatsächlich in der Zuständigkeit Schlauns. Der plante um 1730 das Packhaus am Hafen Münster mit Lagerhaus und Wohnung des Spediteurs, ein harmonisch gegliedertes Gebäude. Auch Kräne für die Endpunkte des Kanals stammen aus dem Büro des Oberland-Ingenieurs. Der bekam 1753 den Auftrag, mit seinem Mitarbeiter Thelen ein erneutes Projekt zur Verlängerung des Kanals bis zur Ems bei Lingen zu prüfen. Ein Plan von über 13 Metern Länge mit vielen Details entstand, wurde aber nie verwirklicht.

Der Kanal heute

Der Kanal blieb bis 1840 mit all seinen Beschränkungen in Nutzung. Erst die preußische Verkehrspolitik mit Bevorzugung befestigter und gut nutzbarer Landstraßen setzte ihm ein Ende. Heute ist der Max-Clemens-Kanal nur noch eine stille, manchmal verwunschen wirkende Markierung in der Landschaft, vielfach durch Wanderwege und Rad-Strecken erschlossen. Projekte aus Münster und dem Kreis Steinfurt rücken die alte Wasserstraße wieder ein wenig ins Bewusstsein. Im Arbeitsleben Schlauns hat sie eine wichtige Rolle gespielt.

Hans-Peter Boer

Adresse

Der Max-Clemens-Kanal verlief von Münster bis Wettringen.

Heute ist die Strecke in Teilen durch Rad- und Wanderwege erschlossen.

Der Kanal begann mit einem Hafen am Neubrückentor in Münster und verlief entlang der heutigen Kanalstraße.

 

Ein Anlaufpunkt ist hier eine alte Bogenbrücke an der Kreuzung zum Bröderichweg:

Kanalstraße (vor Hausnummer 340)
48157 Münster

 

Für einen Ausflug bietet sich auch die Gaststätte "Höltene Schluse" an, in deren unmittelbarer Umgebung sich die hölzerne Schleuse befand:

Am Max-Klemens-Kanal 303
48159 Münster