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Spurensuche an Dach und Fach

Bauforschung im Fachwerkbau

Unscheinbare Einzelheiten können entscheidende Indizien für die Rekonstruktion früherer Bauphasen und Bauzustände sein. Auch bei hochrangigen, bereits umfassend beforschten Gebäuden kann es noch zu Überraschungen kommen. Nicht selten sind solche unerkannten Details schon bei Sanierungen und anderen Baumaßnahmen zerstört worden.

Die Paderborner Hallenkrypta während der Sanierung 2022. Blick nach Osten

Domkrypta Paderborn

Die originalen Bearbeitungsspuren an Werksteinflächen und Steinkanten zweier Wandpfeiler (Fotos) führten zur Erschließung und Korrektur einer gesamten Bauphase. Früher ging die Forschung davon aus, dass die Paderborner Hallenkrypta in der heutigen Ausdehnung um 1100 ein gerade einmal ca. 30 Jahre altes Vorgängerbauwerk ersetzte, von dem die zwei Wandpfeiler stehenblieben.

Doch stellen sich seinerzeit als Abbruchspuren gedeutete Details völlig neu dar. Beispielsweise wurden die Pfeilerkapitelle keineswegs nachträglich abgemeißelt. Zusammen mit weiteren Befunden, die während der Sanierung 2022 aufgedeckt wurden und inzwischen wieder verputzt sind, lässt die Feinanalyse einen fortlaufenden Bauprozess erkennen: Die Hallenkrypta samt Wandpfeilern ist in ein und derselben Bauphase am Ende des 11. Jahrhunderts entstanden.

Die Pfeiler bilden die verbliebenen Randelemente einer ehemaligen Arkade aus drei Rundbögen, an die unterschiedlich hohe Gewölbe in Vierungs- und Chorkrypta angeschlossen waren (siehe Grundriss). Nach einem Gebäudeeinsturz im 13. Jahrhundert wurden die Gewölbe großteils erneuert und schräg nach Osten ansteigend zusammengefasst.

Die ehem. Stiftskirche Cappenberg nach der Sanierung 2022

Ehem. Stiftskirche Cappenberg

Selm-Cappenberg, Kreis Unna

Die ehemalige Prämonstratenser-Stiftskirche In Cappenberg ist eines der laufenden Großprojekte des Sachbereichs Bauforschung. Das Beispiel zeigt, wie durch Detailbeobachtung das Außenbild der ehemaligen Stiftskirche zur Bauzeit ab 1122 bestimmt wurde, das bis dahin unbekannt war.

An der vermauerten romanischen Pforte der Nordquerhaus-Ostseite ist feiner mittelalterlicher Fugenverstrich mit Ritzung erhalten, der im Mittelalter zum Außenbereich gehörte. Die Steinbearbeitung (Flächung mit dem Meißel) ist am gesamten Bauwerk dieselbe und weist auf Steinsichtigkeit mit Fugenverstrich zur Bauzeit hin.

Im Innenraum ist ein gleichartiger Fugenverstrich noch auf größeren Flächen erhalten (sichtbar im Dachraum). Mehrere eiserne Stützkloben an der ehemals zweiflügeligen Pforte gehören ebenfalls noch zum romanischen Bau – ein sehr selten erhaltener Bauzusammenhang.