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Die Preisrichtertribüne in Ennigerloh-Ostenfelde

Denkmal des Monats August 2020

Ein wichtiges Zeugnis der Wiederaufnahme des Reitsports im Münsterland nach dem Zweiten Weltkrieg konnte durch die Initiative des „Arbeitskreises Dorfentwicklung Ostenfelde“ gesichert werden. Das einzigartige Objekt und das ehrenamtliche Engagement für seine Erhaltung und Instandsetzung würdigt die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur mit der Auszeichnung „Denkmal des Monats“.

Preisrichtertribüne nach der Restaurierung

Nach der Restaurierung

Preisrichtertribüne vor der Restaurierung

Vor der Restaurierung

Erstes internationales Reitturnier nach dem Zweiten Weltkrieg

„Ja, wo laufen Sie denn?“ – Diese Frage aus dem Loriot-Sketch „Auf der Rennbahn“ mag man sich im Jahr 2020 auch bei einem Besuch des ehemaligen Reitturnierplatzes in Ennigerloh-Ostenfelde stellen. Allenfalls die dem etwa 500 Meter entfernten Herrenhaus Vornholz vorgelagerten Stallungen lassen erahnen, dass Pferden an diesem Ort einst besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde: 1937 gründete Clemens Freiherr von Nagel-Doornick hier ein eigenes Gestüt und veranstaltete bis 1939 erste Reitturniere.  Im Jahr 1947 initiierte er mit Erlaubnis der britischen Besatzungsmacht das erste internationale, auf deutschem Boden ausgetragene Reitturnier nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Interesse der Öffentlichkeit war groß – berichtet wird von über 20.000 Zuschauern. Als Austragungsort diente ein in Ostenfelde neu errichteter Turnierplatz, zu dem auch eine Preisrichtertribüne gehörte. Das in Holzbauweise über einem massiven Sockel errichtete Bauwerk bot den Juroren eine gute Übersicht über das Reitgeschehen. Ein leicht auskragendes Dach schützte bei ungünstiger Witterung.

Sportstätte mit Denkmalwert

Nach Einstellung der Reitsport-Wettbewerbe wurde der Turnierplatz zu einem Fußballfeld umgebaut. Instandhaltungsmaßnahmen an der Tribüne blieben über viele Jahre aus, so dass sich ihr Zustand zusehends verschlechterte: Mauerwerk, Putz und Holzbauteile litten unter Feuchtigkeitseintrag, die Dachhaut hatte ihre Lebensdauer überschritten und Vandalismus hinterließ seine Spuren.
Auf Anregung des „Arbeitskreises Dorfentwicklung Ostenfelde“ und bestätigt durch ein Gutachten der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen wurden Turnierplatz und Tribüne 2016 in die Denkmalliste eingetragen.

 

 

Restaurierung als Gemeinschaftsleistung

In enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden entwickelte der Arbeitskreis ein Restaurierungskonzept und setzte dies unter hohem Eigeneinsatz zielstrebig um. Nach Verlegung einer wasserabführenden Drainage wurden der Sockel saniert, die Holzbauteile repariert und die Bitumendeckung des Daches erneuert. Ein besonderer Fund trat zutage, als nachträglich aufgebrachte Spanplatten hinter den Plätzen der Preisrichter entfernt wurden: Hier hatten sich Sperrholztafeln erhalten, auf denen in zeittypischen Lettern die Namen der ersten siegreichen Reiter angeschlagen worden waren. Ihr stark beschädigter Zustand machte eine Restaurierung jedoch unmöglich. Nach akribischer Recherche gelang es dem Arbeitskreis, die Turnierergebnisse zusammenzutragen und detailgetreue Rekonstruktionen der Tafeln anfertigen zu lassen. Die Originale wurden sicher eingelagert.

 

 

Rekonstruierte Tafeln

Förderungen

Die aus Eigenmitteln des Arbeitskreises und durch Förderungen der Kulturstiftung der Sparkasse Oelde-Ennigerloh sowie der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur finanzierte Maßnahme wurde im März 2019 abgeschlossen. Das sportliche Treiben in Ostenfelde kann nun wieder von einem besonderen Ort beobachtet werden. Zwar sind die Hauptakteure heute nicht mehr Vier-, sondern Zweibeiner, aber schon bei Loriot heißt es doch: „so ein Pferd ist schließlich auch nur ein Mensch“.

Autor

Dr.-Ing. Christian Steinmeier
Praktische Denkmalpflege

christian.steinmeier@lwl.org

Tel: 0251 591-4068

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