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Neues Bauen in Westfalen par excellence: Das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Lünen

Denkmal des Monats November 2019

Als das damalige Realgymnasium mit seinem Direktorenwohnhaus zwischen 1929 und 1931 errichtete wurde, befand sich der Baustil „Neues Bauen“ auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Nicht nur architekturgeschichtliche Aspekte, sondern auch schul- und sozialgeschichtliche Errungenschaften lassen sich an dem ehemaligen Realgymnasium besonders gut ablesen.

Detail der geschwungenen Fassade mit halbrundem Anbau

Detail der geschwungenen Fassade mit halbrundem Anbau. Foto: LWL-DLBW/Dipl.-Fotodesignerin Greta Schüttemeyer, Münster

Geschwungener Grundriss

Das auf Z-förmigem, geschwungenem Grundriss angelegte Schulgebäude zeigt mit Flachdach, horizontalen Fensterbändern und gerundeten Ecken deutliche Formen des Neuen Bauens. In der dunkelroten Klinkerfassade fällt besonders der leicht geschwungene Nordflügel mit einem halbhohen, gerundeten Pavillon auf. Hauptdominante des Gebäudes ist der im Gebäudewinkel liegende Treppenturm, der nicht nur das Hauptportal und das Treppenhaus, sondern auch das Direktorenzimmer und Klassenräume der Oberstufe aufnimmt. Gekrönt wird der Turm durch einen rechtwinkligen Dachaufsatz aus Klinkersteinen. Die Uhr hat an zwei Seiten des Turmes Ziffernblätter aus blauen und weißen Fliesen mit balkenartigen Zeigern in Schwarz und Gold.

Lünen, Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, Turm mit Haupteingang. Foto: LWL-DLBW/Dipl.-Fotodesignerin Greta Schüttemeyer, Münster

Zeitgeist der 1920er-Jahre

Verantwortlich für diese modern sachliche Gestaltung ist der Architekt Karl Schulze (1876–1929), der gemeinsam mit seinem Bruder Dietrich das in Dortmund ansässige Architekturbüro D & K Schulze leitete. Bekannt wurde das Büro um 1900 mit traditionellen Bauten und historistischen Einflüssen, während ab Mitte der 1920er-Jahre auch expressionistische Elemente in den Vordergrund rückten. Als eines der letzten Werke von Karl Schulze zeigt das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, wie sich der etablierte Architekt mit dem Zeitgeist der 1920er-Jahre und der besonderen Bauaufgabe auseinandergesetzt hat.

Reformpädagogische Ansprüche

So entsteht im Inneren durch die gelb und grün gefliesten Flure eine abwechslungsreiche, heitere Atmosphäre, die im Zusammenhang mit den reformpädagogischen Ansprüchen an die Schulbauten der Zeit gesehen werden kann. Mithilfe einer „kindorientierten“ Pädagogik, die sich in Lünen u. a. mit der Einrichtung von großen, hellen Arbeitsräumen sowie Fachräumen mit der Möglichkeit der Schülermitarbeit niederschlug, sollte die Erziehung zum „modernen Menschen“ gefördert werden.

 

Detail des Turms mit Uhr und Aufsatz. Foto: LWL-DLBW/Dipl.-Fotodesignerin Greta Schüttemeyer, Münster

100 Jahre Bauhaus-Jubiläum

Zeittypisch ist auch die Berücksichtigung von Hygiene- und Gesundheitsaspekten, wie die ursprüngliche Anlage von Trinkbrunnen auf jeder Etage, wodurch die Schüler frisches Wasser zur Verfügung hatten. In dieselbe Richtung zielten auch die Anlage einer Freiluftklasse auf dem Dach und die großzügige Sporthalle mit Verbindung zum Außenbereich. Nicht nur die Schüler profitierten von dieser ganzheitlich modernen Schule, sondern die Stadt Lünen konnte sich zugleich als Bildungsstandort gegenüber dem Umland positionieren.

Aufgrund seiner Vielschichtigkeit und besonders guten Zeugniskraft wird das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium als eines von 35 Gebäuden aus Westfalen zum Jubiläum anlässlich 100 Jahre Bauhaus von der LWL-DLBW auf der Homepage www.neues-bauen-im-westen.de präsentiert (inwzischen aufgelöst in www.baukunst-nrw.de).

Gesamtansicht des Gymnasiums

Gesamtansicht des Gymnasiums. Foto: LWL-DLBW/Dipl.-Fotodesignerin Greta Schüttemeyer, Münster

Autorin

Dr. Eva Dietrich
Inventarisation

eva.dietrich@lwl.org

Tel: 0251 591-4093

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