Dorf, Kirchplatz und Schlossanlage Nordkirchen
Denkmal des Monats Oktober 2020
In unmittelbarer Nähe zum Schloss Nordkirchen plant die Gemeinde Nordkirchen zusammen mit einem Investor ein Hotel sowie eine Fortbildungsakademie für Beschäftigte der Finanzverwaltung des Landes NRW. Die Neubauten sollen inmitten eines für die Denkmalpflege bedeutsamen Kulturlandschaftsbereichs entstehen. Die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen nimmt die Baupläne zum Anlass, einen Teilbereich, bestehend aus Dorf, Kirchplatz und Schloss Nordkirchen, als Denkmal des Monats Oktober 2020 auszuzeichnen.
Pläne für die Gemeindeentwicklung im Umfeld des imposanten und touristisch attraktiven barocken Wasserschlosses Nordkirchen gab es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder. Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick auf die Beziehung von Dorf und Schloss Nordkirchen.
Ursprünglich woanders: Das Dorf Nordkirchen
Ursprünglich lag das Dorf Nordkirchen mit seiner katholischen Kirche St. Mauritius an einer anderen Stelle – vermutlich ein Stück weiter südöstlich im heutigen Schlosspark Nordkirchen. Es wurde vom Erbmarschall Gerhard von Morrien im 16. Jahrhundert aus Gründen der besseren Verteidigung und Vergrößerung seiner Burg verlegt. Aber nicht nur diese außergewöhnliche Geschichte macht das so entstandene Dorf interessant. Auch die den Mauritiuskirchhof begrenzenden Gebäude zeugen vom starken Repräsentationswillen der späteren Schlossherren, der Familie von Plettenberg, sowie von einer qualitätsvollen Architektur jenseits des Schlosses Nordkirchen. Selbst die Verbindungsstraße zur herrschaftlichen Anlage Richtung Süden, die heutige Schlossstraße, wurde in die damalige barocke Umgestaltung einbezogen. Hier ließ Graf Ferdinand von Plettenberg in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Privathäuser versetzen und die Kapelle St. Johannes Nepomuk in unmittelbarer Nähe zur ein paar Jahre später erbauten Rentei errichten.
Blick in die Schlossstraße nach Norden Richtung St. Mauritiuskirche. Im Vordergrund rechts die St. Johannes Nepomuk-Kapelle
Kulturlandschaftsbereich der Denkmalpflege
In Anerkennung dieser durch den Schlossherren beabsichtigten und noch heute gut ablesbaren Koexistenz von Schloss und Dorf beschreibt der kulturlandschaftliche Fachbeitrag für die Regionalplanung im Münsterland diesen Ort als bedeutsamen Kulturlandschaftsbereich der Denkmalpflege. Mit erfasst ist darin neben der etwas abseits liegenden noch in großen Teilen erhaltenen Galerieholländerwindmühle aus dem Jahr 1715 auch das ehemalige Forsthaus von Arenberg sowie eine weitere Mühle. Diese weiter in die Landschaft ausgreifenden denkmalgeschützten Gebäude zeugen von den damals notwendigen Funktionen im Umfeld eines herrschaftlichen Sitzes.
Ein repräsentativer Kirchplatz
Graf Ferdinand von Plettenberg setzte als neuer Hausherr von Schloss Nordkirchen zusammen mit seinen Architekten – den Brüdern Pictorius sowie Johann Conrad Schlaun – in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die maßgeblichen Impulse für eine barocke Umgestaltung der Bebauung des Kirchplatzes von St. Mauritius. Unter seiner persönlichen Aufsicht sowie mit höfischer finanzieller Unterstützung wurden von 1715 bis 1720 zuerst die Pfarrkirche durch die Brüder Pictorius und ein paar Jahre später, zwischen 1730 und 1733, das Armenhaus nördlich der Kirche nach Plänen von Schlaun neu errichtet. Gegenüber dem ersten, ebenfalls am Kirchplatz, jedoch an anderer Stelle entstandenen, Armenhaus von 1556 führten Plettenberg und Schlaun dieses als deutlich vergrößertes Steinhaus aus. Fast zeitgleich entstand das Küsterhaus. Es bildet den westlichen Abschluss des Kirchhofes. Auch hier handelt es sich um ein Backsteingebäude nach Entwürfen von Schlaun. Als ältestes Gebäude Nordkirchens blieb die 1675 als Fachwerkbau errichtete Vikarie östlich des Kirchenchores erhalten.
Graf Ferdinand von Plettenberg ging es bei der Umsetzung der Neubauvorhaben nicht nur um sein eigenes Seelenheil. Das bis heute erhaltene Armenhaus stellte auch das Vorzeigeobjekt der Familie Plettenberg im Zentrum des Dorfs dar. Die Hauptfassade zum Kirchplatz ziert noch heute ihr Wappenstein.
Zweiklang zwischen Dorf und Schlossanlage
Mit den geplanten Neubauten beschreitet die Gemeinde einen Weg, in dessen Folge der überlieferte Zweiklang zwischen Dorf und Schlossanlage nuanciert werden wird. In der Vergangenheit waren beide Zentren selbständig, aber auch in vielerlei Hinsicht aufeinander angewiesen und bezogen. In diesem Kontext neu zu bauen ist eine komplexe Aufgabe, der sich die Gemeinde stellt. Dabei ist es für die Gemeindeentwicklung wichtig und bestärkend sich durch den Blick in die Geschichte rückzuversichern.