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Stiftskirche in Selm-Cappenberg

Stiftskirche in Selm-Cappenberg fit für das Jubiläumsjahr

Denkmal des Monats
März 2022

Feierlich wiedereröffnet

Am 16.1.2022 wurde die ehemalige Stiftskirche St. Johannes Evangelist in Cappenberg nach gründlicher Instandsetzung und Restaurierung mit einem feierlichen Gottesdienst wiedereröffnet. Die Restaurierungsarbeiten hatten im Frühjahr 2020 begonnen und konnten pünktlich zum 900-jährigen Jubiläum der Stiftsgründung abgeschlossen werden. Grund genug, das Gebäude zum Denkmal des Monats März zu erklären.

 

Die ehemalige Stiftskirche Cappenberg von Nordwesten nach der Restaurierung. Die großen Maßwerkfenster im romanischen Seitenschiff stammen aus einer gotischen Bauphase. Foto: LWL/Dülberg

Der restaurierte Kirchenraum nach Osten mit den Gemälden der ehemaligen barocken Seitenaltäre in neuer Rahmung.

Maßnahmen

Die Dächer wurden instandgesetzt, die zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bleiglasfenster repariert und das Natursteinmauerwerk der Kirche aus dem heimischen Kalksandstein gereinigt und neu verfugt. Dringend erforderlich war ein barrierefreier Zugang zur Kirche, der jetzt nach Anhebung und Neupflasterung des Geländes vor dem Westportal über eine Rampe möglich ist.
Im Inneren erfolgte die Reinigung und Sicherung der aus romanischer und gotischer Zeit stammenden Wand- und Gewölbemalereien nach streng konservatorischen Gesichtspunkten. Große Sorgfalt erforderte auch die Verbesserung ihrer Ablesbarkeit durch Retuschen. Genauso verantwortungsvoll nahmen sich die Restauratorinnen und Restauratoren der Konservierung der kostbaren Inventarstücke der Kirche von der Romanik bis ins 19. Jahrhundert an.

 

Der restaurierte Kirchenraum nach Osten mit den Gemälden der ehemaligen barocken Seitenaltäre in neuer Rahmung. Foto: LWL/Dülberg

Blick durch das Mittelschiff nach Westen auf den Orgelprospekt von 1786.

Behutsame Modernisierung

Neue Gestaltungselemente, wie die Präsentation der ehemaligen barocken Seitenaltarbilder oder der gläserne, künstlerisch gestaltete Windfang unter der Orgelempore, wurden harmonisch in den Kirchenraum integriert. Im Zusammenspiel mit der erneuerten und optimierten Heizung dient der Windfang der Verbesserung des Raumklimas. Auf den neuesten Stand gebracht ist auch die Elektroinstallation und die Ausleuchtung der Kirche. Nicht zuletzt sorgt eine Brandmeldeanlage im Dachraum für größere Sicherheit.

 

Blick durch das Mittelschiff nach Westen auf den Orgelprospekt von 1786. Der provisorische Zelebrationsaltar im Bildvordergrund wird noch durch einen neugestalteten Altar ersetzt. Foto: LWL/Dülberg

Qualität durch Zusammenarbeit

Das überzeugende Resultat der Restaurierung, mit der die Kirche authentisch für kommende Generationen bewahrt werden konnte, spricht für sich und für die konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten, von denen es nicht wenige gab. Kirchengemeinde, Bistum, Ministerium, Bezirksregierung, Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, freier Architekt, Fachbauleitungen, ausführende Firmen und die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen als beratendes Denkmalpflegeamt diskutierten fachliche Fragen mitunter auch kontrovers, fanden aber letztlich immer eine gemeinsam getragene Lösung zum Wohl des Denkmals.

 

Durchblick aus der Vierung in das nördliche Querhaus mit dem spätgotischen Chorgestühl und dem Triumphkreuz des frühen 13. Jahrhunderts. Foto: LWL/Dülberg

Bauforschung

Die Bauforscher des Fachamtes nutzten die Gelegenheit, eine umfassende digitale Bauaufnahme anzustoßen und zu ergänzen sowie das Bauwerk eingehend im Hinblick auf seine Baugeschichte zu untersuchen und zu dokumentieren. Die besondere Bedeutung der Cappenberger Kirche als einer von nur zwei großen, in wesentlichen Teilen unverändert erhaltenen romanischen Kirchenbauten vor 1150 in Westfalen war hier Verpflichtung. Eine Publikation der Forschungsergebnisse ist in Planung.

 

Gewölbemalerei des Jüngsten Gerichts vom Ende des 14. Jahrhunderts in der Vierung. Nach der Restaurierung wieder gut zu erkennen ist die Bildszene mit den Verdammten, die von Teufeln in den Höllenrachen getrieben werden. Foto: LWL/Dülberg

Ein Gewölbe des südlichen Seitenschiffs ist mit besonders üppiger Rankenmalerei von 1530 geschmückt.

Hintergrund

Die heutige katholische Pfarrkirche St. Johannes Evangelist ist die Kirche des Prämonstratenserstifts, das 1122 in Cappenberg als – neben Ilbenstadt – erste Niederlassung des Ordens rechts des Rheins gegründet wurde. Dazu übereignete der in den Orden eingetretene Graf Gottfried von Cappenberg seinen Besitz dem Stift.  Aus Anlass der 900. Wiederkehr dieses Ereignisses wurde der bald nach der Gründung begonnene Kirchenbau restauriert. Den größten Teil der Kosten der fast zweijährigen Maßnahme trug das Land Nordrhein-Westfalen als Eigentümer des Bauwerks, das infolge der Säkularisation seit Anfang des 19. Jahrhunderts dem Staat gehört.

 

Ein Gewölbe des südlichen Seitenschiffs ist mit besonders üppiger Rankenmalerei von 1530 geschmückt. Die Restaurierung bewirkte hier über die Konservierung des Bestandes hinaus auch die Verbesserung der Ablesbarkeit. Foto: LWL/Dülberg

rg

Autor

Dr. Dirk Strohmann
Ehemailiger Mitarbeiter Restaurierung