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Denkmalgerechte Sanierung des Dr.-Dudziak-Parks in Siegen

Denkmal des Monats Mai 2021

Schutz und Erhalt des gartenkulturellen Erbes der Nachkriegszeit ist eine vordringliche Aufgabe der Denkmalpflege. Obwohl vergleichsweise jung, haben die Freiräume der Zeit nach 1945 bereits große Substanzverluste erlitten. Die oftmals sehr qualitätvoll gestalteten Gärten und Parks dieser Zeit erlangen in der Regel nicht die Akzeptanz, wie es etwa für die formalen Anlagen des Barocks oder die landschaftlichen Gärten des 19. Jahrhunderts selbstverständlich ist. Umso mehr ist es zu begrüßen, wenn sich Denkmaleigentümer für die Bewahrung und Restaurierung von Grünräumen dieser Zeit einsetzen. Der Dr.-Dudziak-Park in der Siedlung Wenscht in Siegen ist ein positives Beispiel dafür.

Die restaurierte Bogenbrücke über den Schwanenteich

Die restaurierte Bogenbrücke über den Schwanenteich. Foto: LWL/Weiß

Freiraum für gesundes Leben und Wohnen

Die Grünanlage ist Teil der sogenannten „Vorderen Wenscht“ und wurde ab 1953 auf Initiative des Fabrikdirektors der Stahlwerke Südwestfalen, Dr. Erich Dudziak, angelegt. Für die Planung zeichneten die beiden Landschaftsarchitekten Volke (Detmold) und Becker (Welschen-Ennest) sowie der Deutsche Siedlerbund verantwortlich. Der Park wurde im Jahr 2011 in die Denkmalliste der Stadt Siegen eingetragen.

Dr. Dudziak sah es als notwendig an, den Bewohnerinnen und Bewohnern der neuen Siedlung großzügige, öffentlich nutzbare Grünflächen zur Verfügung zu stellen, die den „[…] heilsamen Einfluss der Natur und das Teilhaben an dem Wachsen und Blühen der Pflanzen und Bäume […]“ ermöglichen. Ziel war es, „[…] gesundes Wohnen durch Auflockerung, Gliederung und starke Durchgrünung der Baugebiete sowie einer Dichtebegrenzung und Funktionstrennung […]“ zu erzielen. Damit steht die Wenscht in der Tradition der Gartenstadtsiedlungen der 1920er- und 1930er-Jahre, die sozialhygienische Gestaltungsaspekte mit steigendem Wohnraumbedarf in Einklang zu bringen suchte.

Der Dr.-Dudziak-Park kurz nach Fertigstellung, um 1955. Foto: Deutsche Edelstahlwerke Specialty Steel GmbH & Co. KG

Abwechslungsreiche Parkgestaltung

Die Topografie der Vorderen Wenscht und damit auch des Dr.-Dudziak-Parks ist bestimmt durch einen 550 Meter langen, tief eingeschnittenen Siepen, so die regionaltypische Bezeichnung für meist schmale und feuchte Kerbtäler des Mittelgebirges. Das gärtnerisch gestaltete Albachtal verbindet den östlichen und westlichen Siedlungsteil miteinander und nimmt Spazierwege, Spiel- und Sportflächen sowie Ruhebereiche auf. Am südlichen Ende mündet der Quellbach in den kleinen Schwanenteich, an dessen Staumauer sich ein qualitätvoll angelegter Platz als Aufenthaltsort befindet. Zeittypische Gestaltungselemente bezeugen den hohen Anspruch hinsichtlich Freiraumplanung und Materialverwendung der 1950er-Jahre: eine geschwungene Natursteinmauer mit Banknischen, ein Brunnenbecken mit Bronzeplastik, Bodenbeläge aus polygonalen Sandsteinplatten sowie ein kunsthandwerklich gearbeitetes Metallgitter als Absturzsicherung zum Teich.

Im mittleren Teil des Parks ist der Quellbach an verschiedenen Stellen zu kleinen Teichen aufgestaut. Das als Rundweg konzipierte Spazierwegenetz erschließt den Talraum, der durch die Pflanzung unterschiedlicher Gehölzarten einen natürlichen Charakter erhält. Die Bäume sind in hainartigen Gruppen entlang des Weges angeordnet und bieten den Besucherinnen und Besuchern ein abwechslungsreiches Gartenbild beim Flanieren in der Anlage.

Denkmalgerechte Sanierung in enger Zusammenarbeit

Die Pflege der bewaldeten Hangbereiche war seit jeher eine große Herausforderung bei der Instandhaltung und unterblieb zeitweise. Durch sich ausbreitenden Wildwuchs gingen Gartenräume und Sichtbeziehungen verloren, die künstlichen Gewässerflächen verlandeten zusehends. Auch der zunehmende Vandalismus hinterließ seine Spuren an Bänken, Geländern oder Kunstwerken.

Ein 2010 beauftragtes Freiraumentwicklungskonzept sollte geeignete Maßnahmen für eine denkmalgerechte Restaurierung und Instandsetzung des Gartenkunstwerkes liefern. Ab 2017 begann dessen schrittweise Umsetzung mithilfe städtischer Haushaltsmittel und einer finanziellen Förderung durch das Land NRW. So konnten der Verfall gestoppt und gestalterische sowie räumliche Qualitäten der Anlage wieder herausgearbeitet werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen der Stadt, der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen sowie dem betreuenden Planungsbüro ermöglichte die Realisierung aller Maßnahmen auf einem hohen fachlichen und wissenschaftlichen Niveau. Gartenarchäologische Grabungen lieferten Erkenntnisse zum Materialaufbau und Verlauf der Wege, restauratorische Voruntersuchungen ermöglichten die denkmalgerechte Sanierung historischer Gitterelemente.

So ist es in vierjähriger Arbeit gelungen, dem Dr.-Dudziak-Park wieder seine gartenkünstlerischen Qualitäten der Entstehungszeit zurückzuverleihen und ihn erneut zum Lebensmittelpunkt der Vorderen Wenscht zu machen. Hervorzuheben sind die umfangreichen Arbeiten am Gehölzbestand mit Auslichtung von Wildwuchs und der Nachpflanzung zahlreicher Bäume, die barrierefreie Instandsetzung des Wegenetzes, die Entschlammung der Gewässer und die Restaurierung des Vorplatzes am Schwanenteich. Hier können heute wieder ein dem historischen Vorbild nachempfundener Natursteinplattenbelag und originalgetreu anhand von Fotografien gefertigte Maueraufsatzleuchten bewundert werden. Auszubildende der Deutschen Edelstahlwerke Siegen, dem Nachfolgeunternehmen der Stahlwerke Südwestfalen, sorgten für die behutsame Restaurierung der bauzeitlichen Gitterelemente von Bogenbrücke und Teichgeländer. Das hätte Dr. Dudziak mit Sicherheit sehr gefallen.

Autor

Marcus Weiß
Gartendenkmalpflege

marcus.weiss@lwl.org

Tel: 0251 591-4062

Porträt

Autor

Uwe Siekmann
Ehemaliger Mitarbeiter Gartendenkmalpflege