Schnitzretabel der Ev. Kirche Unna-Lünern
Denkmal des Monats März 2018
Nach erfolgreichem Abschluss der Konservierungsarbeiten nominiert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe das Schnitzretabel der evangelischen Pfarrkirche in Unna-Lünern zum Denkmal des Monats März.
In Tradition der Antwerpener Schnitzaltäre
Das Schnitzretabel wird um 1525 datiert, stammt vermutlich aus einer norddeutschen Werkstatt und orientiert sich mit seinem Reliefprogramm am Vorbild des Antwerpener Altars in St. Regina im benachbarten Hamm-Rhynern. Wie dort wird auch beim Retabel aus Lünern in drei Hauptszenen mit der Kreuzigung, der Kreuztragung und der Kreuzabnahme die Passion Christi thematisiert. Sechs kleinere Reliefs darunter zeigen Szenen aus dem Leben Christi, das der Predella die Grablegung.
In der Tradition der Antwerpener Schnitzaltäre sind die Hauptszenen innerhalb eines Gefaches aus mehreren Schnitzreliefs aufgebaut und in eine gestaltete Altararchitektur eingebettet, welche aufwändig mit Schleierwerk sowie kleineren Reliefs und Heiligenskulpturen geschmückt ist. Die heute sichtbare qualitätvolle Fassung stammt von 1948. Aus den erhaltenen Notizen des Restaurators dürfen wir schließen, dass sich diese Neufassung mit ihrem reichhaltigen Repertoire an Glanz- und Mattvergoldungen, Lüsterungen und Sgraffiti in den Gewändern sowie einer Farbfassung in den Inkarnaten im Ansatz an der alten, vermutlich noch bis dahin original erhaltenen Altfassung orientiert.
Restaurierungsgeschichte
Noch 1948 waren Spuren der ersten, wohl 1883 stattgefundenen Konservierungsmaßnahme von dem Maler und Restaurator Karl-Heinz Altenberg aus Unna-Königsborn sichtbar, der das Schnitzretabel nach fünfjähriger Einlagerung im Bergwerk der Zeche Heeren in seiner Werkstatt bearbeitete. Aus seinem Bericht gehen sowohl einige maltechnische Details zu der damals noch vorhandenen Altfassung als auch zum damaligen Erhaltungszustand hervor. Darin beschreibt er eindrücklich den desolaten und fragmentierten Zustand des Retabels und moniert die Holzergänzungen mit Zeitungspapier sowie die unsachgemäßen Überarbeitungen der Fassungsfehlstellen von 1883. 1949 führte Altenberg die Ergänzungen im Schleierwerk und die Neufassung des demontierten Retabels durch. Der Umfang seiner Ergänzungen kann anhand zweier im LWL-Bildarchiv erhaltener Fotografien nachvollzogen werden, von denen die ältere aus der Zeit vor 1949 stammen muss und die jüngere von 1951 das Retabel bereits in der heute bekannten Erscheinung zeigt.
Laut Objektakte befand sich das Retabel noch 1983 im guten Zustand. Allerdings muss die kurz zuvor eingebaute Zentralheizung eine Veränderung im Raumklima verursacht haben, sodass in der Folge einige Schäden in der Fassung auftraten. Gegen Mitte oder Ende der 1980er-Jahre fand eine letzte große Restaurierungskampagne statt. Heute sichtbare Spuren auf der Objektoberfläche belegen eine damals durchgeführte wässrige Oberflächenreinigung, eine Festigung der Fassung sowie flächige Überarbeitungen der schadhaften Stellen in der Altararchitektur mit Goldbronzen.