Münster, Gartenhaus
Eigentlich spricht man über Orte wie diesen nur hinter vorgehaltener Hand. Denn was wären Städte ohne ihre kleinen, klandestinen Orte, von denen man nur vom „Hörensagen“ weiß? Bis heute ist das Gartenhaus in der Josefstraße eines der verborgenen Bauwerke Schlauns.
Orte wie das Gartenhaus muss wohl auch der französische Philosoph Michel Foucault im Kopf gehabt haben, als er den Begriff der „Heterotopien“ entwickelte: ideell aufgeladene Orte, die Gegenentwürfe zum alltäglichen, gesellschaftlichen Handeln bieten.
Der zierliche Backsteinbau, mitten im „Schlaun‘schen Garten“ des Caritasverbandes der Stadt Münster, regt nicht nur unsere Fantasie zum Wandern an paradiesische Orte an. Er hat sich in der Vergangenheit selbst als hoch flexibel erwiesen: Ursprünglich nahe dem Mauritztor 1749 errichtet, wurde er zu Beginn des 20. Jahrhunderts von dem Pelzhändler und Mäzen Joseph Hötte angekauft und im Garten des St.-Josephs-Hauses unter Verwendung des originalen Materials wiederaufgebaut. Den zweigeschossigen, quadratischen Bau mit Pyramidendach zieren Mauerblenden mit abgerundeten Kanten – typisch für Johann Conrad Schlaun. Parallele Horizontalstreifen betonen die Geschossteilung, ebenso wie beim Rüschhaus, das Schlaun beinahe gleichzeitig errichtete. Diese Teilung wird durch die von Sandstein umrahmte Inschrift, die Tür und Obergeschossfenster verbindet und vermutlich die Initialen des unbekannten Erbauers und seiner Ehefrau anzeigen, wieder aufgehoben, wodurch eine ganz besondere Spannung entsteht.
Foto: RoxFuchs, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
Gartenbegeisterung in der Stadt
Gartenhäuser wie dieses schmückten nicht nur die Parkanlagen des Adels, sondern auch zahlreiche Bürgergärten. Sie sind Ausdruck der bürgerlichen Gartenbegeisterung, die im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Im Grünring von Münster, so schätzt man, sollen sich zu jener Zeit rund 1.100 Gärten befunden haben. Die Zahl der Gartenhäuser, die vorwiegend als ein- bis zweiräumige Backsteinhäuschen errichtet wurden, soll an die 100 gereicht haben. Von diesen einst zahlreichen Bauwerken des 18. und 19. Jahrhunderts sind heute noch drei erhalten. Das Gartenhaus in der Josefstraße ist eines von ihnen. Als Gegenentwurf zum städtischen Treiben lädt es bis heute zum Träumen von fremden Welten ein. Aber pssst! Wir haben schon zu viel verraten. Sie behalten es für sich, nicht wahr?
Dr. Eva Zepp
Adresse
Josefstraße 2
48151 Münster
Besuch
Außenbesichtigung jederzeit möglich